Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ist für viele Menschen in Deutschland eine enorme Herausforderung. Wer pflegt, muss häufig seine Arbeitszeit reduzieren oder den Job ganz aufgeben – mit gravierenden finanziellen und sozialen Folgen. Gleichzeitig verliert die Wirtschaft dringend benötigte Fachkräfte. wir pflegen e.V. setzt sich dafür ein, dass pflegende Angehörige die Unterstützung erhalten, die sie brauchen.
Zwischen Pflegeverantwortung und Existenzsorgen
Pflegende Angehörige tragen eine doppelte Last. Neben den emotionalen Herausforderungen der Pflege kämpfen sie oft mit finanziellen Einbußen und mangelnder Unterstützung. Entlastungsangebote sind oft nicht verfügbar: Für weniger als 3 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland gibt es einen Tagespflegeplatz. Dabei ist die Tagespflege eines der wichtigsten Entlastungsangebote, das pflegenden Angehörigen ermöglicht, weiterhin berufstätig zu bleiben.
Eine Reduzierung der Arbeitszeit oder eine berufliche Auszeit bedeutet ein geringeres Einkommen, weniger Rentenansprüche und das Risiko von Altersarmut. Die sozialrechtliche Unterstützung für pflegende Angehörige ist gering. So sind die Pflegezeit und Familienpflegezeit für viele Betroffene unattraktiv. Berufstätige mit Pflegeverantwortung können ein zinsloses Darlehen aufnehmen, müssen dieses aber nach der Pflege wieder zurückzahlen. Hier gilt also das Prinzip „Vereinbarkeit gegen Verschuldung“. Eine Lohnersatzleistung wie das Elterngeld, gibt es für pflegende Angehörige bisher nicht. Dies sind nur einige der vielen Schwachstellen im jetzigen System. Es braucht also einen Neustart in der Vereinbarkeitspolitik und mehr Arbeitgeber*innen, die pflegende Angehörige als wichtige Gruppe ihrer Belegschaft erkennen.
Unsere Forderungen an die Politik: Mehr zeitliche und finanzielle Flexibilität
- Einführung einer Familienpflegezeit und eines Familienpflegegelds nach den Empfehlungen des unabhängigen Beirats für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
- Ausweitung der Familienpflegezeit auf die notwendige Dauer der Pflege
- Einkommensgarantie für diejenigen, die aufgrund ihrer Pflegesituationen und fehlender Entlastungsleistungen nicht erwerbstätig sein können bzw. es nie waren, z. B. Eltern von Kindern mit hohem Pflegebedarf oder junge Pflegende
- Soziale Absicherung durch die rentenrechtliche Anerkennung von Pflegeleistungen für alle pflegenden Angehörigen
- Gewährleistung des Krankenversicherungsschutzes bei Reduzierung der Arbeitszeit oder Inanspruchnahme von (Familien-) Pflegezeit, ohne zusätzliche Kosten für pflegende Angehörige
Unsere Forderungen an Arbeitgeber*innen
- Wahrnehmung der sozialen Verantwortung und Fürsorgepflichten durch eine pflegesensible Unternehmenskultur
- Sensibilisierung von Führungskräften und Teams für pflegebedingte Belastungen
- Pflegesensible flexible Arbeitszeitregelungen, die sich den wandelnden Aufgaben im Pflegeverlauf anpassen
- Bereitstellung moderner technischer Möglichkeiten zur Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort
- (teilweiser) finanzieller Ausgleich bei pflegebedingter Arbeitszeitreduzierung
- Kooperation mit und Unterstützung von lokalen Angeboten zur Entlastung pflegender Angehöriger
- Unterstützung beim beruflichen Wiedereinstieg nach der Pflege