

Pflegende Angehörige: das Fundament des deutschen Pflegesystems
86 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden zu Hause versorgt, überwiegend von pflegenden An- und Zugehörigen.
Im Dezember 2023 waren in Deutschland 5,7 Millionen Menschen pflegebedürftig, 4,9 Millionen wurden zu Hause überwiegend durch Angehörige versorgt, teilweise mit Unterstützung durch ambulante Pflegedienste. Studien gehen von 7.1 Millionen pflegenden An- und Zugehörigen aus, ohne deren Pflegeleistungen zu allen Tages- und Nachtzeiten das deutsche Pflegesystem kollabieren würde.
wir pflegen e.V. definiert pflegende Angehörige als Menschen, jung und alt, die eine ihnen nahestehende Person unentgeltlich betreuen oder pflegen, unabhängig von ihrer familienrechtlichen Zugehörigkeit. Pflegende An- und Zugehörige sind somit Familienmitglieder (Partner*innen, Eltern, Kinder, Geschwister), Verwandte, oder nahestehende oder befreundete Personen, die unentgeltlich regelmäßig zur Betreuung oder Pflege einer pflegebedürftigen Person beitragen.
Nach Daten des Sozio-ökonomischen Panels sind etwa 61 Prozent der pflegenden Angehörigen Frauen.
Mit über 7,2 Milliarden Sorge- und Pflegestunden im Jahr 2019 und einer Wertschöpfung von mehr als 90 Milliarden Euro jährlich entlasten pflegende Angehörige das Gesundheitssystem und kompensieren den Pflegenotstand.
Pflege kennt kein Alter und hat viele Gesichter
Beim Thema Pflege denken viele Menschen primär an die Seniorenpflege, an die Pflege der hochaltrigen Eltern durch ihre Kinder im höheren Erwachsenenalter.Pflegende Angehörige gibt es jedoch in allen Altersgruppen. Je nach Lebensabschnitt, in dem die Angehörigen von Pflege betroffen sind, gibt es unterschiedliche Herausforderungen.
Kinder und Jugendliche mit Pflegeverantwortung
Pflegende Minderjährige sind keine Seltenheit. Statistisch betrachtet sind etwa zwei Kinder pro Schulklasse für die Pflege eines Familienmitglieds mitverantwortlich. Das sind insgesamt rund 479.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland. Viele der pflegenden Minderjährigen sind mit der Verantwortung überfordert. Die Pflegesituation kann belastend sein und sich auf die körperliche und psychische Gesundheit niederschlagen. Junge Erwachsene, die für die Pflege eines Elternteils oder eines Geschwisters verantwortlich oder mitverantwortlich sind, fühlen sich in ihrer nicht altersuntypischen Pflegesituation häufig ungesehen und alleingelassen. Ihre Pflegeverantwortung hat große Auswirkungen auf die Zeit für Schule, Ausbildung, Hobbys, Freundschaften und soziale Netzwerke.
Kinder und Jugendliche mit Pflegeverantwortung werden auch als "young carers" bezeichnet und junge Erwachsene als "young adult carers".
Pflegende Eltern
Sechs Prozent aller Pflegebedürftigen in Deutschland sind Kinder (ca.330.000). Sie werden zu 98 Prozent von ihren Eltern gepflegt. Die Pflege eines Kindes mit Behinderung oder chronischer Erkrankung ist in der Regel eine lebenslange Aufgabe, die nicht mit dem Eintritt der Kinder in das Erwachsenenalter endet. Neben der Pflege ist für Kinder mit Pflegebedarf auch die Unterstützung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft von besonderer Bedeutung. Auch diese Unterstützung wird, zusätzlich zur Pflege, von den Eltern geleistet.
wir pflegen e. V. hat es sich zum Ziel gesetzt, den Austausch zwischen pflegenden Eltern bundesweit zu fördern, Brücken zwischen bestehenden Organisationen und Initiativen zu bauen und Interessen zu bündeln. Mehr über unsere Arbeit mit pflegenden Eltern erfahren
Pflegende Angehörige im erwerbsfähigem Alter
Pflegende Angehörige im erwerbsfähigen Alter, die ihre pflegebedürftigen Partner*innen im erwerbsfähigen Alter pflegen, sind in besonderem Maße von Armut bedroht oder betroffen. Denn die Lebensgemeinschaft mit der pflegebedürftigen Person wird als Wirtschaftsgemeinschaft gewertet, so dass das gemeinsame Einkommen und Vermögen für Zuzahlungen zu den Leistungen der Pflegeversicherung herangezogen wird.
Pflege von Senioren
Statistisch wird der überwiegende Teil der Pflege durch Angehörige für Senior*innen erbracht. Hier pflegen nicht nur die erwachsenen Angehörigen, die häufig noch im erwerbsfähigen Alter sind, sondern auch Lebenspartner*innen, die im Seniorenalter sind. Häufig stehen externe Entlastungsleistungen nicht oder nicht im ausreichenden Umfang zur Verfügung, so dass die pflegenden Angehörigen körperlich und psychisch stark belastet sind.