18. Oktober 2024
Laut Pflegestatistik waren Ende 2021 nur 963.291 Pflegepersonen in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert – bei 4,19 Millionen pflegebedürftige Personen, die zum gleichen Zeitpunkt zu Hause versorgt wurden. Das bedeutet: Viele pflegende An- und Zugehörige in Deutschland sind nicht als Pflegepersonen in der Rentenversicherung versichert.
Und das hat große Folgen. Der Unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf schreibt in seinem aktuellen Bericht (Juni 2023): „Viele pflegende Angehörige erlangen daher in der Pflegezeit oft keine ausgleichenden Rentenansprüche.“
Der Grund? Für die rentenrechtliche Anerkennung ist nicht in erster Linie die erbrachte Pflegeleistung maßgebend. Stattdessen werden Pflegeleistungen aufgrund verschiedener Ausschlussgründe nicht berücksichtigt.
Erbrachte Pflegeleistungen pflegender Angehöriger werden nur in einigen Fällen rentenrechtlich anerkannt.
- Zum Beispiel dann, wenn pflegende Angehörige nicht mehr als 30 Stunden in der Woche erwerbstätig sind. Pflegende Angehörige, die zur Sicherung ihres Lebensunterhalts auf einen Vollzeitjob angewiesen sind, gehen hingegen leer aus.
- Selbst wenn in Vollzeit beschäftigte pflegende Angehörige (Familien-) Pflegezeiten nehmen, werden diese Zeiten rentenrechtlich nur anerkannt, wenn die damit verbundene Arbeitszeit-Reduzierung eine Mindestdauer nicht unterschreitet
- Pflegende Angehörige, die bereits eine Rente beziehen, erhalten nur dann eine rentenrechtliche Anerkennung ihrer Pflegeleistungen, wenn sie eine Teilrente beziehen – d.h. für die Dauer der Pflege auf einen Teil ihrer Rente verzichten.
Fazit: Pflegende – insbesondere berufstätige – Angehörige sind hinsichtlich der rentenrechtlichen Absicherung schlechter gestellt. Viele von ihnen werden entweder rentenversicherungsbezogen gar nicht erfasst oder erhalten keinen vollumfänglichen Ausgleich für ihre Pflegeleistungen.
wir pflegen e. V. fordert, die erbrachten Pflegeleistungen pflegender Angehöriger grundsätzlich rentenrechtlich anzuerkennen, d. h.
- den Wegfall der maximalen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden
- die Mindestdauer für Arbeitszeitreduzierungen im Falle einer (Familien-) Pflegezeit abzuschaffen und diese (Familien-) Pflegezeit grundsätzlich immer für die Rente zu berücksichtigen – egal, wie lang oder kurz sie ist
- die rentenrechtliche Anerkennung der erbrachten Pflegeleistungen auch für pflegende Angehörige, die bereits eine Rente beziehen
Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wegen fehlender Unterstützungs- und Entlastungsangebote im Bereich der ambulanten Grundpflege und der Tagespflege ist in vielen Fällen sehr schwierig. Pflegende Angehörige sind gezwungen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder ihren Beruf sogar aufzugeben. Das führt zu geringeren Rentenversicherungsbeiträgen und damit zu verminderten Rentenansprüchen. Das Risiko für Altersarmut steigt.
Doch selbst in den Fällen, in denen erbrachte Pflegeleistungen rentenrechtlich anerkannt werden, gleicht das den Verlust durch den Wegfall der Rentenbeiträge aus der Erwerbstätigkeit oft nicht aus, z.B. aufgrund geringer Beitragsbemessungsgrundlagen in den unteren Pflegegraden oder der Nutzung von Kombinations- und Sachleistungen.
wir pflegen e. V. fordert
- die Gleichstellung der rentenrechtlichen Anerkennung von (Familien-) Pflegezeiten mit Erziehungszeiten, konkret: einen Entgeltpunkt pro Pflegejahr
- dass maßgebend das aktuelle Durchschnittseinkommen sein sollte – und nicht mehr die Bezugsgröße der Rentenversicherung
- den Wegfall der Reduzierung der Rentenbeiträge bei Nutzung von Kombinations- und Pflegesachleistungen