28. Februar 2018
Berlin, 28.02.2018 – Mit Erstaunen mussten pflegende Angehörige der Presse entnehmen, dass sie jedes Jahr Millionenbeträge an Leistungen aus der Pflegeversicherung „verschenken“. Obwohl die Pflegekassen für jeden Anspruchsberechtigten monatlich 125 Euro bereithielten, um Angehörige bei der Pflege und im Haushalt zu entlasten, würde dieses Bonbon von den allermeisten verschmäht. Diese Information gehe, so die Darstellung in diversen Tageszeitungen, auf eine Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP) zurück.
„Andersherum wird ein Schuh draus“, erklärt dazu Elke Wenske, Landessprecherin Hessen von ‚wir pflegen e. V.‘, der Interessenvertretung der pflegenden Angehörigen in Deutschland. „Das Nicht-Inanspruchnehmen von Leistungen aus der Pflegeversicherung ist unter anderem auf mangelnde Beratung zurückzuführen. Das hat die ZQP-Studie gezeigt und das ist auch das, was pflegende Angehörige seit Jahren anprangern. Es ist ja nicht so, dass wir uns leichtfertig zustehende Entlastungen entgehen lassen! Viele Anspruchsberechtigte wissen gar nichts von dieser Möglichkeit. Doch selbst die, die Bescheid wissen, können solche Entlastungen im Pflegealltag oft nicht nutzen, denn es fehlt vielerorts an Angeboten, die von diesem angeblich ver-schenkten Geld zu bezahlen wären“, so Wenske weiter.
„Fraglich ist oft auch die Praxis dieser Entlastungsleistungen“, ergänzt Gudrun Born, selbst langjährige pflegende Ehefrau und Expertin im Pflegerechtsdschungel. „Wenn zum Beispiel eine Stunde Hilfe im Haushalt mit bis zu 40 Euro und mehr abgerechnet wird, es also grade so für 2 bis 3 Stunden Putzen pro Monat reicht, dann fragt man sich schon, was schief läuft in diesem Land. Eine Entlastung ist so etwas jedenfalls nicht, eher das Gegenteil.“
„Das Problem ist altbekannt. Trotzdem wurde es in mehreren Pflegereformen nur unzureichend berücksichtigt“, erklärt Sebastian Fischer, Vorstandsmitglied von „wir pflegen e.V.“, und fährt fort: „Doch CDU/CSU und SPD versäumen es erneut, sich der wirklichen Nöte von pflegenden Familien anzunehmen. Ein wenig Licht im Dunkel ist ihr Versprechen, durch ein jährliches Entlastungsbudget den Abruf von Leistungen, die jetzt noch einzeln beantragt werden müssen, zusammenzufassen und zu entbürokratisieren. Wir begrüßen dies, doch hier muss es noch weitergehen, damit eine echte Entlastung möglich ist. Das heißt, es braucht eine Durchsetzung der bisher vernachlässigten flächendeckenden Beratung durch unabhängige Träger und einen hinreichenden Ausbau der häuslichen Entlastungsangebote vor Ort, die unkompliziert und von allen in Anspruch genommen werden können.“