01. März 2019
März 2019
In Deutschland versorgen und begleiten vor allem Frauen pflegebedürftige Menschen. Rund drei Viertel aller pflegenden Angehörigen sind Frauen. Das hat diverse Gründe.
Familienarbeit ist in Deutschland noch immer primär Frauenarbeit. Gerade hier machen sich tradierte Rollenmuster bemerkbar, worauf auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer kürzlich veröffentlichten Studie hinweist. Diese Erwartungen werden über das Pflegesystem zudem verstärkt.
„Unser Pflegsystem schiebt die Verantwortung für die Pflege auf die Familien. Damit gehen vor allem für Frauen häufig hohe Belastungen und prekäre finanzielle Lebenslagen einher“, sagt Susanne Hallermann von der wir pflegen Initiative gegen Armut durch Pflege. Hinzu kommt, dass die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern konstant hoch bleibt. Wenn sich dann in Familien die Frage stellt: „Wer übernimmt die Pflege?“ sind es oft Frauen, die Beruf und Einkommen reduzieren, da dadurch die Folgekosten oftmals niedriger und die Haushaltseinkommen höher bleiben.
Die skandinavischen Länder organisieren Pflege dagegen in überwiegend kommunaler Verantwortung. Dadurch werden Familien stark entlastet. Zudem investieren die entsprechenden Länder auch mehr in ihr Pflegsystem als Deutschland. Zugleich hat zum Beispiel Schweden auch eine höhere Frauenerwerbsquote.
Christian Pälmke vom Verein wir pflegen e.V. fordert eine Pflegewende, um die Benachteiligung von Frauen konkret zu reduzieren: „Um eine geschlechtergerechte Aufteilung der Pflegeverantwortung zu erreichen, bedarf es einer grundlegenden Modernisierung des Pflegesystems. Dazu gehören ausreichende bedarfsgerechte Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige und insgesamt höhere Investitionen in die häusliche Pflege. Wichtig ist auch, dass die Kommunen wieder Pflege stärker als Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge begreifen.“ So seien mehr ergänzende kommunale Unterstützungsangebote nötig, um zum Beispiel die Vereinbarkeit von Berufs- und Pflegetätigkeit zu verbessern.
Zur gleichstellungspolitisch wichtigen Frage der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf hat der Verein vor kurzem ein Positionspapier veröffentlicht. Darin wird die Einführung eines Vereinbarkeitsbudgets für mehr zeitliche und finanzielle Flexibilität in der häuslichen Pflege gefordert.